Die Barbagia und La Superba
Die Barbagia und La Superba

Die Barbagia und La Superba


Home Restaurant „Sa horte de su poeta“

Wie schon gestern angekündigt, hatte unsere Gastgeberin Marcella die Reservierung im Home Restaurant für uns erledigt. Wir wurden dort von einem älteren Ehepaar empfangen und in eine sehr urige Gaststube geführt und gleich mit Wein und einer rustikalen Vorspeisenplatte begrüßt. Die Kommunikation lief auf Italienisch (manchmal ein wenig Englisch) und dementsprechend mit dem Google Translater – man muss sich nur zu helfen wissen!

So erfuhren wir dann, dass unser Gastgeber Vincente hieß und vor der Pandemie mit seiner Familie über 40 Jahre eines der größten Restaurants in Oliena betrieben hatte. Während und auch nach der Pandemie mussten sie erkennen, dass sie dieses Geschäft nicht weiter fortsetzen können. Damit das im Laufe der Zeit angesammelte Wissen nicht verloren geht, beschlossen sie, die gastronomische Tradition im kleineren Rahmen als Home Restaurant weiterzuführen. Vincentes Schwiegervater war Poet und hatte seinen ehemaligen Pferdestall zu einem Weinkeller umfunktioniert, darin befindet sich heute die Gaststube, in der wir auch ganz hervorragend verköstigt wurden: Sa horte de su poeta.

Nach einer Weile fragten wir dann nach den weiteren Gästen und Vincente erklärte uns, dass er aktuell nur drei Gäste hat und diese seien auch schon da. Also hatten wir eine ganz individuelle Betreuung und ein ganz besonderes Erlebnis.

Nun aber zur Menü-Folge:

Die Vorspeisen hatte ich ja schon kurz erwähnt. Die angebotenen Salumi, auf deutsch Wurstwaren – klingt aber auf italienisch viel besser, waren „fatto in casa“, also selbstgemacht, und die Oliven aus eigener Ernte.

Wir wollten nach einer kurzen Kostprobe erst einmal pausieren, da wir ja nicht wussten, welche Gänge noch so auf uns zukommen würden, aber Vincente forderte uns mit seinem mangiare, mangiare immer wieder zum Essen auf. Unser nun 15-Jähriger kann zum Glück immer essen – so konnte diese Portion auch verputzt werden. Anschließend gab es drei Sorten warmes Gemüse: mit Tomate, mit Pecorino und mit Ei, Teile davon auch wieder aus eigener Ernte und jede Variante absolut lecker.

Währenddessen wurde uns ein Film gezeigt, in dem die 92-jährige Schwiegermutter – Frau des Poeten – mit anderen Frauen der Familie eine Sorte Macaroni herstellt. Damit gab es also gleich die Überleitung zum Primo und wir konnten die handgerollte Pasta mit Tomatensoße und viel geriebenem Käse genießen.

Nun kam wieder etwas Bewegung ins Spiel, denn neue Antipasti wurde aufgetragen. Es hatten sich noch drei weitere Gäste eingefunden, die Vincentes Gastfreundschaft genießen wollten. Die Gasstube hatte ja nur einen Tisch und so wurden die drei neuen Gäste direkt neben uns gesetzt. In Deutschland hätte man vermutlich einen Stuhl als „Sicherheitsabstand“ gelassen – hier nicht.

Die drei jungen Leute mussten natürlich erst einmal unseren Vorsprung aufholen und bekamen die Vorspeisen und das warme Gemüse im Schnelldurchgang serviert. Der Sprache nach waren es Italiener und laut der Mimik waren sie von den Speisen total begeistert. Nach einer Weile kamen wir auch etwas ins Gespräch und wir konnten herausfinden, dass sie zwar aus verschiedenen Orten in Italien stammten, aber zur Zeit in Bologna arbeiten.

Weiter ging es dann mit den Secundi, also dem Fleisch. Es gab zartes Kalbsfleisch und Spanferkel, oder wie Vincente es sagte „little pig“. Das Kalbsfleisch war so zubereitet, wie der zweite Gang auf Vincentes Hochzeit und der Favorit der Erwachsenen, während der Junior das Spanferkel bevorzugte. Mit vereinten Kräften haben wir auch diese Portionen vertilgt.

Nach dem Fleisch gab es noch einen Ganz besonderen Käse, den Casu Marzu. Dies ist ein überreifer sardischer Schafskäse, in den die Käsefliege Piophila casei ihre Eier legt. Durch die schlüpfenden Maden erhält der Käse seine besondere Fermentierung. Da diese Herstellungsart nicht konform zum EU-Lebensmittelrecht ist, kann der Käse nirgendwo käuflich erworben werden. Man muss schon jemanden kennen, der diese Handwerkskunst noch beherrscht. Vincente kennt vermutlich mehrere gute Handwerker. Der Käse hat einen sehr intensiven Geschmack und ich bin froh über die Chance der Verkostung. Der Junior hat diesen Genuss verweigert, da ihm die Maden suspekt waren.

Als Dessert gab es noch 5 bis 6 Sorten Eis und Sevadas, die natürlich auch wieder selbstgemacht waren. Gatte und Kind wählten Eis – Pompia und Nougat – und ich habe mich für mit Pecorino gefüllte Teigtasche entschieden, die ich aber mit dem Rest des Tisches geteilt habe. Da ich ja kein Nachtischexperte bin, muss ich mich hier auf das Urteil meiner besseren Hälfte verlassen, der zu den Sevadas sagte: „Best ever!“

Zu guter Letzt holte Vincente noch diverse selbst gemachte Liköre aus dem Schrank, die den Abschluss bilden sollten. Wir prüften den für Sardinien typischen Myrto und auch einen Fenchellikör, der bei mir aber nicht besonders punkten konnte.

Anschließend gab es noch eine Runde Smalltalk, die Gattin hatte mittlerweile die Küche verlassen und gesellte sich auch mit dazu. Zu vorgerückter Stunde verkündete Vincente schließlich die Kostennote, die mit 50 Euro pro Person für die gesamten Speisen und Getränke, die Qualität und die individuelle Unterhaltung mehr als angemessen war. Gern wieder und natürlich auch eine klare Empfehlung für dieses Erlebnis.

Hier geht es zur Facebook-Seite des kleinen Restaurants: Sa-horte-de-su-poeta

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